Im Sommer habe ich mir gedacht: Ich tu jetzt mal was Verrücktes und kaufe mir diese Tampons mit den lustigen Sprüchen. Sind die nicht süß awwwwww? Und dann: nichts. Echt nicht. Keine Periode mehr. Von einem Monat auf den anderen. Zack, Wechseljahre, aus die Maus, äh, Monatsblutung. Als wenn der das geahnt hätte, mein Zyklus, dass ich jetzt gerade wieder Spaß … ach, Schwamm drüber, wobei das in dem Zusammenhang auch komisch klingt.
Wieso ich überhaupt davon anfange, hier vor allen Leuten? Das macht man jetzt so: #periodtalk!
It’s only blood und so. Das klingt dann zwar ein bisschen wie Biss zum Morgengrauen für Minderbemittelte, ist aber eigentlich eine ziemlich gute Sache, wenn Natürlichkeit auch mal einfach als solche behandelt wird. Nenn es also, wie du willst, #menstruationmatters, #periodpositive oder #periodpower, auf Twitter oder Instagram oder gestern erst in der FAZ … Aber benenn es, denn dieses ganze Geschäme wegen ein bisschen Blut ist doch für keine gut.
Tampons sind jetzt übrigens auch bio und plastikfrei.
Ist schließlich nur zeitgemäß, bei sich zu Hause nachhaltige Materialien einzuführen. Gibt’s heute sogar im Abo, die ganzen Tampons, Binden und Slipeinlagen. Dann muss auch kein Mann da draußen mehr peinlich berührt an die Decke des Drogeriemarktes starren, während die Besorgungen für seine Liebste über die Ladentheke gehen.
Und was ist denn schon dabei? Laut Erdbeerwoche.com menstruieren täglich rund 300 Millionen Menschen (äh, Frauen?) rund um den Erdball, egal ob am Nordpol, in Wien oder Hong Kong. Der Blog ist übrigens ganz zauberhaft und zeigt, dass man sich auch weitaus informativer, erwachsener, nachhaltiger und charmanter mit dem ganzen Thema auseinandersetzen kann als ich in diesem Moment. Wo wir gerade dabei sind:
#endperiodpoverty! Bin dabei! Jetzt!
Schottland, habe ich gelesen, hat im November 2020 als erstes Land der Welt beschlossen, dass man für entsprechende Hygieneartikel jetzt nicht mehr zwingend selbst bezahlen muss. Monatshygiene als Grundrecht, nicht als Privileg, das sollte doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Ich wünschte mir nur, ihr hättet früher mit euren ganzen Blutfluencer-Statements rausrücken können, als bei mir noch irgendwas lief. Da hätte ich dann auch richtig gut mitmachen können und im Betriebskalender „Ist kurz raus, Menstruationstasse kaufen“ eintragen können. Ich hätte die Alice Schwarzer der Monatsblutung werden können. Allerdings ist mir kürzlich wie gesagt leider der Gesprächsstoff ausgegangen.
Würdest du denn öffentlich über deine Periode reden?
Kann man sich heute bestimmt gar nicht mehr vorstellen, aber früher war das eine OBERpeinliche Angelegenheit, wenn dir bei der Arbeit mal das OB aus der Handtasche gekullert ist. In Größe Normal. Leicht zerdrückt.
Zugegeben, damals konnten wir noch nicht einmal gleichzeitig telefonieren und surfen, da war auch die Welt der Hygieneartikel eher einfach gestrickt. Klein, groß, für die Nacht. Da wurden in der Werbung höchstens Missverständnisse ausgeräumt. Blut war blau und sah aus wie dünne Pelikan-Tinte. Der Tag, an dem Always Ultra die Flügel erfunden hat, war ein großer Tag.
Ich weiß übrigens sogar noch, wie meine Freundin Kiki mich auf Klassenfahrt in Sylt hinter den Strandkorb gezogen und mir eröffnet hat, dass man mit fünfzehn ja wohl keine Binden mehr trägt. Kiki war 16. Wir also dann alle so: Einheitslook zum Reinschieben, blauweiß.
Ist dir jetzt doch peinlich, oder?
Muss es aber nicht. Denn heute vergeht kein Tag bei Instagram mehr ohne Periodenunterwäsche-Werbung oder gar Blut an den Fingern. Echt jetzt. Hab ich übrigens auch ausprobiert. Also das mit der Unterwäsche. Sitzt. Funktioniert. Raschelt im Schritt, aber nur ganz leicht. Kiki wäre stolz auf mich. Wenn sie nicht auch längst in den Wechseljahren wäre.
Apropos Wechseljahre: Was mach ich denn jetzt mit den ganzen coolen Raschelschlüpfern und Spaß-OBs? Vielleicht warte ich ja noch ein paar Tage auf meine Tage. Und noch ein paar Tage. Und noch ein paar Tage. Und noch ein paar Tage.
Verrückt, das Leben. Macht, was es will.