Podcast-Tipp: Stressfrei mit TeaTime.Berlin.

Podcast-Tipp: Stressfrei mit TeaTime.Berlin.

Eine einsame Insel, ein eigener Pool und keine Projekte. So oder so ähnlich stelle ich mir aktuell eine richtig gute Zeit vor. Leider sieht es in meinem Kalender – und in meinem Kopf – eher so aus wie in einer U-Bahnstation kurz nach Feierabend: Alles rennt durcheinander, die Hälfte hat was vergessen und die andere Hälfte schläft schon fast im Stehen ein.

Und hier kommt Thea ins Spiel. Thea ist Thea Wulff aus Berlin, studierte HR-Managerin, Gesundheits- und Präventionsberaterin, ausgebildeter Systemischer und Agile Coach sowie freie Trainerin für (ich zitiere) tolles Arbeiten. Ihre Themen sind unter anderem Zeit- und Selbstmanagement, und ihr Podcast TeaTime.Berlin hilft mir aktuell ganz gut raus aus meinem Stress-Hamsterrad.

Endlich Land sehen. Und entspannter leben und arbeiten.

Ich habe TeaTime.Berlin zufällig entdeckt, und seitdem bin ich um einiges klüger. Beim Hören ist mir so richtig klar geworden, dass ich mich eigentlich längst im Überlebens-Modus befinde. Zuerst die vielen Aufgaben, die eine Selbständigkeit mit sich bringt, dann den Blog gründen und am Laufen halten, dann Corona (und unglaublich viele Digitalisierungs-Projekte) – und gleichzeitig natürlich alles, was das Leben eigentlich ausmacht: Kinder, Beziehung, Freunde, Wäsche. Fertig war der Dauerstress-Cocktail mit Beil-dich-Schirmchen und Keinen-Bock-Mehr-Kirsche am Rand.

Stressfrei durch Podcast. Geht das?

Ich mag den Begriff „stressfrei“ nicht, weil Stress immer aufkommen wird, wenn wir von einer modernen Gesellschaft ausgehen. Aber der Podcast hilft mir in der Tat besser damit umzugehen. Ich erlange Klarheit darüber, woher mein Stress eigentlich kommt, kann die Tipps auch wirklich umsetzen und sukzessive wieder Freiraum für mich selbst zurückerobern.

Zu viele Aufgaben sichtbar machen. 

Extrem augenöffnend war für mich die Podcast-Folge zum Kalender-Management. Ich gehöre zu den Menschen, die quasi fest mit ihrem Kalender verwachsen sind, nur hatte ich trotzdem nie einen richtigen Überblick über ALLE meine Aufgaben und Tätigkeiten, schon gar nicht mit genauen Zeit-Aufwänden.

Als ich dann nach Theas Anleitung mal wirklich versucht habe, ALLE To Dos in eine Übersicht zu pressen (und die Zeit zu schätzen, die sie WIRKLICH in Anspruch nehmen), ist mir ganz schnell klar geworden, wieso ich jedes Wochenende am Schreibtisch verbringe und fast immer halb heulend meine Steuern auf die letzte Minute mache. Seit ich zunehmend realistisch plane, Prioritäten setze und alles seine festen Zeiten bekommt, habe ich am Wochenende frei. Nicht immer, aber es wird. An meinem Schrank im Arbeitszimmer hängt zur Unterstützung mein idealer Arbeitsplan mit Post-its zum Verschieben, und die Tage sind so strukturiert, dass ich nicht ständig zwischen ganz vielen Themen hin und herspringen muss. Mein Gehirn freut sich darüber (Folge #80). 

„Wenn wir jeden Tag 8 Stunden arbeiten, aber nur 3,6 Minuten mit Küssen verbringen, sollte dann Arbeit nicht wenigstens ansatzweise so geil sein wie Knutschen?“

Thea Wulff, E-Book „In Zehn schritten zu mehr Zeit & Energie

Prioritäten setzen. 

TeaTime.Berlin bietet viele Werkzeuge, die mir beispielsweise helfen Prioritäten zu setzen oder mich zu fokussieren. Auf Theas Website bzw. in den Shownotes gibt es oft die passenden Checklisten etc. Ich könnte hier noch ewig darüber schreiben, wie toll ich eigentlich das Gesamtkonzept „Thea und TeaTime“ finde. Aber ich habe lieber Thea angeschrieben und sie gefragt, ob sie mir ein paar Fragen beantworten möchte. Ich freu mich sehr, Thea, dass du das gemacht hast!

Thea Wulff im Interview.

Liebe Thea … Als Selbständige bin ich der alleinige Boss über meine Zeit. Trotzdem scheitere ich nahezu täglich daran, dass ich zu viele Aufgaben in zu kleinen Zeitfenstern erledigen will. Wie könnte ein erster Schritt aus diesem Home Office Hamsterrad aussehen?

Probiere es mal mit monothematischen Tagen. Bei mir steht fast jeder Tag unter einer Überschrift: Seminar-Tag, Podcast-Tag, Konzept-Tag, Bürokram-Tag usw. Immer natürlich mit jeweils einer Stunde für dringenden Kleinkram. So schaffst Du in der Regel mehr, weil das Gehirn nicht ständig zwischen unterschiedlichen Themen und Aufgabenarten hin und her springen muss. Ich hab für jeden dieser Tage separate Aufgabenlisten, aus denen ich mir dann die drei bis fünf wichtigsten für den jeweiligen Tag ziehe. Wann welcher Thementag ist, lege ich meist schon sehr langfristig in meinem Kalender fest. 

Thea Wulff, TeaTime.Berlin

Eine andere Methode: Langfristiger planen und Aufgaben in Häppchen gleich auf mehrere Tage verteilen. Viele Menschen schreiben ihre ToDo-Listen so, als wäre heute ihr letzter Arbeitstag. Oder Du probierst es mal mit einem Kanban-Board.

Du bist systemischer Coach und Trainerin, hast einen Podcast, schreibst Blogartikel, bietest Werkzeuge zum Download an und gibst Seminare und Onlinekurse. Dein innerer Antrieb? 

Mich treibt das Thema. Du musst nur morgens in die Gesichter der Menschen blicken, die neben Dir in der U-Bahn sitzen, um zu sehen, wie wichtig es ist. Wir leben in einer absoluten Luxuswelt – und trotzdem sind die wenigsten entspannt und zufrieden. Mir geht es nicht darum, Menschen produktiver zu machen. Ich will zeigen, dass Arbeit Spaß machen darf und wie man zu mehr Lebenszufriedenheit gelangt. 

Aber es wäre Quatsch zu behaupten, dass das mein einziger Antrieb wäre. Mein Droge ist die Anerkennung. Wenn Seminarteilnehmer am Ende eines Tages klatschen oder mir jemand schreibt, wie gern sie meinen Podcast hört… BÄM! Das ist Energie für mindestens 14 Tage. Drumherum brauche ich dann noch viel Struktur und Abwechslung. Wenn das vorhanden ist, schaff ich alles, was ich will. 

Das ist übrigens ein ganz wichtiges Thema im Rahmen von Zeit- und Selbstmanagement: Was sind meine inneren Motivatoren bzw. was brauche ich, damit meine intrinsische Motivation blüht und gedeiht? Die Moving Motivators aus der Schule Management 3.0 helfen da zum Beispiel gut weiter.  Darüber spreche ich in Episode 42. 

Wer so viel macht, macht eine ganze Menge nicht, oder? Was hast du dir abgewöhnt oder zugunsten anderer Projekte aufgegeben?

Aus der Küche ruft gerade eine männliche Stimme „Dich um Deinen Mann kümmern!“ Keine Ahnung, was der meinen könnte. Aber mal im Ernst: Mhm… habe ich was aufgegeben? Ich glaube nicht. Vielleicht geparkt. Ich mache zum Beispiel dieses Jahr bewusst keine größere Aus- oder Weiterbildung, um mehr Zeit für Urlaub zu haben. Und dann gibt es da noch drei Buchprojekte, die mindestens bis nächstes Jahr warten müssen. Ich würde auch eigentlich gern sehr viel mehr für TeaTime.Berlin machen, was aber oft zu Gunsten von Seminar-Aufträgen warten muss. 

Was ich auch nicht tue, ist mich zu sehr mit dem Detail zu beschäftigen. Im Detail bin ich wirklich eine kleine Schlampe. Ich schneide keine Ähhhhs aus meinem Podcast und habe wahrscheinlich auch etliche Tippfehler in meinen Blog-Artikeln. Bei solchen Sachen kann ich gut „Ist doch egal“ sagen und die gesparte Zeit für neue Inhalte nutzen. 

Woran denkst du bei den Begriffen …

… Zeitverschwendung

Ein widerliches Wort. Das darf gern verschwinden. 

… Effizienz

Ich liebe Effizienz – aber nur da, wo sie Sinn macht. Es gibt Wochen, da preise ich den Gott des Internets, weil ich nur zwei Mal auf einer Website rum klicken muss und schwups sind meine Einkäufe da. Solche Sachen habe ich auf maximale Effizienz getrimmt, um in Wochen mit vielen Seminartagen Zeit zu sparen. Aber in den Wochen mit wenigen bis gar keinen Seminartagen schlendere ich stundenlang über den Wochenmarkt und weiß, dass das eigentlich die bessere Art des Einkaufens ist. 

… Mut

Den brauchen wir für so vieles. Zum Nein sagen. Zur Lücke. Zum nicht perfekt sein. Eigentlich schade. Wäre ja viel besser, wenn wir unseren Mut für andere Dinge verwenden könnten. 

Seit ich deinen Podcast höre, ist mein E-Mail Postfach aufgeräumt – zum ersten Mal in meinem Berufsleben. Wie viele E-Mails befinden sich derzeit in deinem Posteingang? 

Keine Ahnung. Mein Email-Programm ist gerade zu. Als ich es heute morgen geschlossen habe, waren es genau zwei: Eine Email mit einem Link zu einem Podcast, die ich mir selbst geschickt habe und die mittlerweile auch schon Schimmel ansetzt. Und eine Email mit dem QR-Code für das Testzentrum um die Ecke. Da hab ich keinen Unterordner für. Wenn ich das Programm jetzt wieder aufmache, sind wahrscheinlich 10 bis 15 neue Emails da. 

Wo liegt der Unterschied zwischen einem vollen und einem erfüllten Leben? 

Mhm… spannende Frage. Ich glaube, der Unterschied liegt in der bewussten Entscheidung. In unserer Welt ist das Leben automatisch voll – voller Termine, voller Informationen, voller Reize, voller Angebote, voller Möglichkeiten …  Die Erfüllung kommt vermutlich nur, wenn ich selbst bewusst entscheide, womit ich mein Leben fülle. Und dann ist es am Ende wahrscheinlich auch egal, wofür ich mich entscheide bzw. womit ich mein Leben fülle. Die Entscheidung dafür muss auch nicht zwangsläufig vor dem eigentlich Tun erfolgen. Ich kann auch in etwas reinschlittern und erst nach einer Weile sagen: Ja, das ist es. 

Bist du ein aufgeräumter Mensch?

Wahrscheinlich schon. In meiner Wohnung hat alles seinen Platz, ich habe für fast alles eine Liste, ich liebe Aufräumen und Sortieren… Ich weiß, dass mir Ordnung und Struktur viel Ruhe und Kraft gibt. Deshalb ist das auch das Erste, was ich tue, wenn ich in Stress gerate: Erstmal aufräumen und sortieren. Aber ich kann es auch mal sein lassen. Letzte Woche habe ich an fünf Tagen hintereinander Seminare gegeben. Da war alles am Freitag dann ein einziges Schlachtfeld und mein Kind hat auf fünf Tage Tiefkühlpizza zurückblicken können. Geht auch und niemand stirbt. 

Kleine Routinen stehen in dem Ruf große Veränderungen herbeizuführen. Welche empfiehlst du dauergestressten Menschen? 

Atmen. Die ALI-Übung kennst Du ja wahrscheinlich aus dem Podcast. Eine andere ist die War-Ist-Wird-Atmung: Nach jeder Aufgabe, nach jedem Termin, schließt Du kurz die Augen und atmest drei mal tief und langsam ein und aus. Bei der ersten Atmung fragst Du Dich: Was war gerade? Was habe ich erledigt, geschafft, erreicht? Bei der zweiten Atmung fragst Du Dich: Was ist jetzt? Wie fühle ich mich? Wie geht es mir? Bei der dritten Atmung fragst Du Dich: Was wird jetzt passieren? Was ist die nächste Aufgabe, der nächste Schritt? Solche kleinen Mini-Meditationen helfen neuen Fokus zu gewinnen, entspannen Dich und nehmen vor allem Tempo aus dem Tag. 

Für Dauergestresste sind außerdem Rituale wichtig, die Zeitabschnitte oder Tätigkeiten mit einem klaren Anfang und Ende versehen. Also zum Beispiel: Jetzt klatsche ich dreimal laut in die Hände und mein Arbeitstag beginnt. Oder: Jetzt trinke ich in Ruhe meinen Schoko-Yogi-Tee und mein Arbeitstag endet. Das bewahrt vor der großen Stressfalle, zu viele Dinge gleichzeitig und am Ende nichts fokussiert zu machen. 

Meine persönliche aktuelle Lieblingsroutine ist, ohne Handy einkaufen zu gehen, sich dann an die längste Schlange im Supermarkt zu stellen und mindestens noch einen Menschen vorzulassen. Mein kleines persönliches Geduldstraining. Nur warten, gucken, hören, fühlen. Die ersten paar Male bin ich fast gestorben vor Hibbeligkeit. Mittlerweile kann ich es wunderbar genießen, empfinde das Einkaufen insgesamt als viel entspannter und erlebe dazu auch noch spannende Geschichten, die völlig an mir vorbei gegangen wären, wenn ich einen Podcast gehört oder beim Warten Emails gelesen hätte. 

Wann stehst du morgens auf?

Gerade quäle ich mich noch ein bisschen mit der Zeitumstellung, aber ansonsten um Punkt sechs. Dann gibt’s einen Kaffee im Garten und eine halbe Stunde nur für mich. Um halb sieben wecke ich meine Tochter, und während sie sich fertig macht, mache ich die Wohnung und mich startklar. Meist spazieren wir dann noch gemeinsam zur Schule, und um neun Uhr sitze ich dann am Rechner. Wenn ich im Hotel schlafe, was häufig vorkommt, ist es ein bisschen anders, aber nicht viel. 

Wieviel Zeit sollte ich in Zeitmanagement investieren?

Nimm Dir jeden Tag – am Besten am Ende des Arbeitstages – 10 Minuten, um den kommenden Tag zu planen. Am Freitag nimmst Du Dir insgesamt 20 Minuten, um nicht nur den Montag sondern auch die kommende Woche zu planen. Das macht dann insgesamt 1 Stunde pro Woche für eine gute Planung. Die Zeit hast Du locker doppelt, wenn nicht gar dreifach wieder drin. Wenn Du Dir dann noch zusätzlich pro Woche im Durchschnitt eine Stunde reservierst, um Prozesse zu optimieren oder etwas zu lernen, wirst Du schnell enorme Effekte spüren. 

Du hast keine Social Media Präsenzen … whäaa?

Ich könnte jetzt ausführlich über die schädlichen Auswirkungen von Facebook, Instagram und Co. auf unsere Gesellschaft sprechen. Aber die Wahrheit ist: Ich hab’s gehasst und konnte es nicht. Als ich mit dem Podcast angefangen habe, hab ich natürlich sofort auch ein Facebook- und Instagram-Profil eingerichtet. Meine Tochter durfte parallel ein bisschen auf TikTok experimentieren. Während sie mal eben 10.000 Likes für Videos bekam, freute ich mich schon wie ein Kullerkeks, wenn’s mal zweistellig wurde. Meine Tochter macht das mit einer großen Leichtigkeit – ich fand’s immer stressig. Als ich dann alles gelöscht habe, waren wir am Wochenende auf unserem Bauernhof. Ich weiß noch, dass wir auf der Terrasse saßen, mal wieder den schönsten Sonnenuntergang der Welt beobachteten und ich mich plötzlich bei dem erleichternden Gedanken erwischte: Gott sei Dank. Du musst kein Foto machen und Dir irgendeinen bescheuerten Feelgood-Text dazu ausdenken. Im Nachhinein hab ich mich viel zu lang mit dem Quatsch gequält. Und wie Du siehst: Es geht auch ohne. 

Eines noch, weil ich es so ultra-wichtig finde: TeaTime.Berlin macht aus dir keine selbstoptimierte Effizienz-Arbeitsmaschine, sondern hilft dir deinen eigenen Freiraum zurückzuerobern. Denn letztendlich gehts nicht um deine Mails oder deinen Kalender. Sondern es geht darum, mal wieder ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ein normaler Tag aussehen kann, in dem du selbst und deine Träume Platz haben und sich auch so richtig räkeln können. Wobei wir wieder bei der Insel vom Anfang wären. Ich arbeite dran. Schreib mir gerne in die Kommentare, welchen Podcast du gerade hörst! 

Folge:
Nina Gold
Nina Gold
Teilen: