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In den Wechseljahren hab ich gelernt über Sex zu reden. Als Bloggerin, Ehefrau, Autorin und Moderatorin. Eines der interessantesten und lustigsten Gespräche außerhalb des eigenen Bettes hatte ich mit der bekannten Sexologin, Paartherapeutin und Autorin Ann-Marlene Henning. Ihre strahlende, fröhliche Offenheit lässt keinen Raum für Scham oder Unsicherheiten. Wer ihren Podcast “Ach komm!” kennt, weiß, wovon ich spreche.
Ann-Marlene hat eine Praxis für Paar- und Sexualtherapie in Flensburg und doziert bundesweit an verschiedenen akademischen Einrichtungen. Ihr Buch “Make more Love” räumt mit dem Vorurteil auf, dass Sex und Alter nicht zusammenpassen. Wer nicht gerne liest, kann spielen: “Doch! Doch! Doch!” ist ein von Ann-Marlene entwickeltes Intimität-Spiel, und “Ach was!” heißt ihr Spaß-Spiel zu Liebe und Sexualität, in dem viel gelacht wird.
Und jetzt geht’s zur Sache…. ähm, zum Interview mit Sexologin und Paartherapeutin Ann-Marlene Henning.
Wie alt bist du wirklich?
Ich werde dieses Jahr 59 und habe über mein Alter wirklich nie gelogen. Warum sollte ich? Alter ist für mich nicht sonderlich wichtig, ich fühle mich meist eh jünger als ich bin. Eine kleine Story dazu:
Mit 40 Jahren trennte ich mich von meinem langjährigen Ehemann, die Jahre danach vergingen wie im Fluge … ich fühlte mich wieder frei und inspiriert, begann auch meine Kariere als Sexologin. An einem meiner Geburtstage in dieser Zeit, sagte ich allen, dass ich 44 werde. Um etwa 16 Uhr kam mein Ex dazu und meinte: „Wieso feierst du gerade deinen 44ten? Du wirst doch nur 43.“ Ich habe nachgerechnet, er hatte Recht. Kein Wunder, dass ich mich jünger fühle! Ich bin es!
Lebst du heute gesünder als früher?
Im Großen und Ganzen ja, aber ich esse zu gerne Schokolade, Dänische Lakritze und anderen wunderbaren Süßkram. Ich sollte es lassen, ich weiß es, aber wie war das noch mal … einfach mal sündigen.
Was hast du nach 50 noch mal neu angefangen?
Nix.
Womit hast du aufgehört?
Nachdem ich fast 20 Jahre lang Gesangsunterricht hatte, hörte ich vor etwa fünf Jahren auf zu singen. Meine Stimme hatte sich mit den sinkenden Hormonen leider verändert, nicht dass ich sie nicht mögen würde, aber sie bricht, wie bei einem Jungen in der Pubertät. Singen ist dadurch unangenehm geworden, die Stimmbänder tun fast weh und ich habe nicht wie früher die Kontrolle darüber. Mal sehen, vielleicht beruhigt sich das Ganze irgendwann und ich kann wieder lossingen … der Gedanke gefällt mir.
Hast du schon einmal ein Kleidungsstück nicht gekauft, weil du gedacht hast, dass es nicht deinem Alter entspricht?
Nein, aber einige Stücke kommen nicht in Frage, weil ich bestimmte Teile meines Körpers nicht zeigen möchte, das hätte mir allerdings auch früher passieren können. Ich bin mit dem „Zeigen“ aber kritischer geworden. Mit 18 Jahren begann ich als Modell zu arbeiten, mein letztes Fotoshooting war mit 52. Über Jahre war ich also gewohnt den Idealen zu entsprechen, wie ganz nebenbei: Bade- und Wäschemodel, Fußmodel und so weiter … nach und nach wurde es lästiger immer „begutachtet“ und angeschaut zu werden. Wenn ich heute auf der Bühne bin, genieße ich es und ziehe Sachen an, in denen ich bequem sitzen und mich gut bewegen kann. Es geht mir heute um den Inhalt, wobei Gutaussehen, laut der Wissenschaft, immer einen Vorteil mit sich bringt! Na, dann!
Wer oder was inspiriert dich?
Einige Leute in meiner Branche, die es mittlerweile geschafft haben, in Frührente zu gehen oder zumindest nicht mehr so hart wie früher arbeiten. Ich bin gerade dabei, es ihnen nachzumachen.
Welches Lied singst du mit?
Ich singe doch nicht mehr 😉 Wenn ich es doch tun würde, wären es bluesartige Lieder … nicht, weil ich besonders traurig bin, sondern weil Blues-Songs das Leben widerspiegeln. Ein schöner Blues ist „Rainy day man“ von James Taylor in der Version von Bonnie Raitt. Das Lied habe ich sogar mal auf einer Bühne gesungen.
Du bist niemals zu alt, um …
zu vögeln.
Brauchst du heute mehr Schminke und Lametta als früher?
Nicht im Geringsten. Als Model wurde ich in den 90’ern geradezu zugekleistert: Dickes Cake Make-up, wie es hieß. Carmen Curlers, künstliche Nägel und Haare – alles, was ging, wurde gepimpt. So viel „Schale“ würde ich nicht mehr tragen wollen. Mir reicht ein wenig Abdeckung, einige Striche und fast transparentes Lipgloss. Im Alltag laufe ich meist komplett ohne Make-up herum. Ich genieße es, dass mein Gesicht natürlich ist. So, wie ich auch nie Botox oder Schönheitsoperationen gegen das Altern versuchen würde.
Was wird noch mit 90 in deinem Kleiderschrank hängen?
Jeans. Definitiv.
Drei Fakten über dich, die keiner so vermutet …
Mir sagen Leute immer, ich sei ungeduldig – und ja, ich habe einen gewissen Drive, ein hohes Energieniveau, darüber hinaus bin ich aber ausgesprochen geduldig. Auch sagen viele: „Du hast ja so viel Stress, immer in Action“, aber nein, ich habe so viel frei wie nie zuvor in meinem Leben. Weil ich es so möchte.
Besitzt du ein T-Shirt deiner Lieblingsband?
Ich habe keine Lieblingsband und würde, auch wenn ich eine hätte, eher keines ihrer T-Shirts tragen. Ich hatte noch nie ein „Fan-sein-Gen“.
Wann stehst du morgens auf?
Ich stehe erst mehrere Stunden nachdem ich wach werde auf. Mein „Bett-Büro“ ist manchmal bis mittags offen. Wie ich an mein Frühstück komme? Mein Lebensgefährte bringt es mir täglich ans Bett. Lucky Girl, würde ich sagen.
Auf was kannst du verzichten?
Auf Leute, die draußen im Restaurant so rauchen, dass ich beim Essen „mitrauchen“ muss. Das gibt es leider häufiger – als gäbe es außerhalb von Räumen das Recht andere mit ekligem Rauch zu „verpesten“. Und nein, ich bin keine militante Nichtraucherin, es geht dabei um Rücksichtnahme.
Noch etwas ist mir zuwider: Synchronisation von Filmen. Den Schauspielenden wird dadurch wörtlich ihre Stimme genommen. Es ergibt niemals den gleichen Ausdruck wie bei der Originalstimme (mit Untertiteln). Ich habe ein Beispiel: Meine TV-Werbung für die Feuchtcreme von Vagisan läuft in einigen Ländern, die synchronisieren. So habe ich erfahren, wie der gleiche Film mit mir auf Ungarisch, Rumänisch und Tschechisch drei Mal komplett anders wirkt. Manchmal scheine ich humorvoll, manchmal ernster, das Gesagte bekommt jedes Mal eine andere Aussage, die von mir als Darstellerin nicht beeinflussbar ist. Für diese Werbung ist es ok, wir erreichen damit Frauen, die ansonsten nie die Vagisan Feuchtcreme (und ihre positive Wirkung) kennengelernt hätten.
Ich höre und sehe sofort, wenn etwas synchronisiert ist – und schalte konsequent weg. Zum Glück lebe ich wieder zu großen Teilen in Dänemark, wo Synchronisation kaum Thema ist, höchstens in Kinderfilmen. Der gute Nebeneffekt: Alle Menschen in Dänemark verstehen Englisch, und ich lerne so nebenbei gerade mit Netflix Spanisch!
In welchen Schuhen möchtest du beerdigt werden?
Ich meinen hohen Sandaletten, die blau und gelb sind und coole Fransen haben, sie sind so sexy und schön. Leider habe ich nach meiner Covid-Erkrankung Probleme sie zu tragen. Meine Füße tun weh und mein Gleichgewicht ist beeinflusst. Ich behalte sie trotzdem! Im Liegen wird es dann gehen 😉 Immerhin bin ich damit fröhlich durchs Leben getanzt.
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